Kastration beim Rüden

Kastration beim Rüden
Tipp

Jeder Besitzer eines Rüden sollte sich über die Vor- und Nachteile einer Kastration und über die Symptome der Krankheiten, die bei unkastrierten Rüden auftreten können, bewusst sein. So kann er sich in Abhängigkeit der individuellen Situation am besten für oder gegen eine Kastration entscheiden.

Während man unter Kastration früher ausschließlich die chirurgische Kastration verstand, wird heutzutage zwischen chirurgischer und chemischer Kastration unterschieden. Bei der chirurgischen Kastration werden die Keimdrüsen entfernt. Beim Rüden sind dies die Hoden, die in hohem Maße das geschlechtsspezifische Hormon Testosteron und die Spermien bilden. In neuerer Zeit stehen aber auch lang wirkende Hormonchips zur Verfügung, die medikamentell einen mit der chirurgischen Kastration vergleichbaren Zustand auf Zeit herstellen. Dies bezeichnet man als chemische Kastration.                                        

Häufige Indikation sind Verhaltensprobleme

Es gibt Erkrankungen, die nur durch eine Kastration therapiert werden können, oder bei denen eine Kastration begleitend zur Therapie vorgenommen werden sollte. Aber durch die Kastration können auch geschlechtsspezifische Verhaltensprobleme verbessert werden. Hierzu gehören beim Rüden insbesondere rangbezogene Aggression, Aggression gegenüber gleichgeschlechtlichen Artgenossen, Harnmarkieren, Stubenunreinheit, unerwünschtes Bespringen und auch Streunen. Aber nicht immer lassen sich solche Verhaltensprobleme allein durch die Kastration lösen. Eine begleitende Verhaltenstherapie kann in einigen Fällen nötig sein. Der beste Zeitpunkt für die Kastration um diese unerwünschten Verhaltensweisen von vornherein zu unterbinden ist Studien zufolge zwischen dem 9. und 10. Lebensmonat.

Aber auch eine spätere Kastration kann zu dem erwünschten Erfolg führen. Hormonell bedingte Verhaltensprobleme sind jedoch nicht immer eindeutig von anderen Verhaltensproblemen zu unterscheiden. In solchen Fällen besteht der Vorteil des Kastrationschips darin, dass die Wirkung wieder aufgehoben werden kann. So ist es möglich hormonell motiviertes Verhalten eindeutig von anderem zu unterscheiden. Verbessert sich demzufolge das vermeintlich hormonbedingte Verhalten im Rahmen der Behandlung nicht, so sollte zusammen mit Verhaltenstherapeuten die eigentliche Ursache ermittelt werden.

Medizinisch induzierte Kastration

Zu den Krankheiten des Rüden, bei denen die Kastration zur Therapie gehört, zählen Hodentumore, Kryptorchismus (nicht abgestiegener Hoden), Prostatvergrößerung, Perinealhernien (Dammbruch; Perineum = Damm = Region zwischen After und äußerem Geschlechtsteil), oder auch Perianaltumore (Tumore rund um den Anus). Bei Veränderungen, die die Hoden selbst betreffen, ist immer eine chirurgische Kastration notwendig. Bei Krankheiten die hormonell bedingt sind, kann neben der chirurgischen Entfernung der Hoden auch die chemische Kastration mittels Hormonchip als Therapie dienen. Der Hormonchip muss in diesen Fällen aber in regelmäßigen Abständen wieder gesetzt werden, damit der Kastrationszustand erhalten bleibt und die Krankheit nicht wieder aufflammt.                                        

Kryptorchismus – Wenn ein Hoden nicht absteigt

Beim so genannten Kryptorchismus oder Hodenhochstand, steigt mindestens ein Hoden nicht in den Hodensack ab. Bei kryptorchiden Rüden befindet sich somit mindestens ein Hoden im Leistenkanal oder gar in der Bauchhöhle. Hodengewebe, das wie in diesen Fällen ständig einer zu hohen Temperatur ausgesetzt ist, neigt dazu tumorös zu entarten. Zu einer solchen tumorösen Entartung der Hoden im Leistenkanal oder in der Bauchhöhle kann es schon ab einem Alter von 2 bis 3 Jahren kommen. Diese in ihrer Lage veränderten Hoden müssen deshalb operativ entfernt werden. Da eine Vererbung dieser Krankheit bei einigen Rassen nachgewiesen ist, wird in der Tiermedizin eine operative Verlagerung des kryptorchiden Hoden in den Hodensack aus ethischen Gründen nicht durchgeführt.                                        

Hodentumore – Ein Fall für die Chirurgie

Hodentumore entwickeln sich allem bei älteren Rüden, sodass eine chirurgische Kastration induziert sein kann. Hodentumore können aufgrund einer veränderten Größe oder veränderten Konsistenz eines oder beider Hoden auffallen, aber es gibt auch kleine Tumore, die nur mittels Ultraschall diagnostiziert werden können. Diese Tumore bilden zwar sehr selten Tochtergeschwülste, aber häufig weibliche Geschlechtshormone, die den Rüden stark belasten können. Äußerlich kann es zum Verlust von Fell und zur Dunkelfärbung der Haut kommen. Innerlich nehmen die weiblichen Hormone Einfluss auf das Blutbildungssystem, wodurch es unter anderem zu Blutungsneigung betroffener Rüden kommen kann.                                        

Gutartige Prostatavergrößerung – Kastration als Mittel der Wahl

Von einer gutartigen Vergrößerung der Prostata (medizinische: benigne Prostatahyperplasie) sind vor allem Rüden ab einem Alter von sechs Jahren betroffen. Als Symptome können bei diesen Rüden Bluttröpfeln aus dem Penis, blutiger Harnabsatz oder Kotabsatzprobleme beobachtet werden. Die Prostata ist die einzige akzessorische Geschlechtsdrüse des Rüden, die aufgrund einer erhöhten Hormonkonzentrationen bei älteren Rüden an Größe gewinnt. Beim Hund vergrößert sich die Prostata vor allem im Randbereich, wodurch sie auf den Darm drückt und dadurch zu Probleme mit dem Kotabsatz führt. Folge einer gutartigen Prostatavergrößerung können Zysten sein, die teilweise operativ gespaltet werden müssen, oder sich sogar entzünden können, was für die betroffenen Rüden sehr schmerzhaft ist. Nach der chirurgischen Kastration bildet sich die Prostata innerhalb von wenigen Wochen zurück und die Symptome verschwinden. Neben der chirurgischen Kastration kann die gutartige Prostatavergrößerung des Rüden auch mittels des Hormonchips oder mit Hilfe einer Gestagentherapie behandelt werden. Letzteres ist eine Tablettenkur über sieben Tage, die regelmäßig alle sechs bis sieben Monate wiederholt werden muss.                                        

Perianale Erkrankungen – Betroffen sind meist unkastrierte Rüden

Die Perianalhernie ist eine Krankheit, von der vor allem unkastrierte Rüden betroffen sind. Auch bei Hunden wird der Beckenboden von Muskeln gestützt. Weichen diese Muskeln auseinander können Organe durch die entstehende Pforte vorfallen, was als Perinealhernie oder Dammbruch bezeichnet wird. Begleitend zur chirurgischen Versorgung des Beckenbodens sollte bei diesen Rüden auch eine Kastration erfolgen.Perianaltumore sind Zubildungen im Bereich um den Anus. Meist handelt es sich dabei um gutartige Tumore, die hormonell bedingt sind und häufig bei älteren unkastrierten Rüden auftreten. Bei diesen Rüden sollte neben der teilweise nötigen Tumorentfernung auf jeden Fall auch eine Kastration durchgeführt werden.                        

Risiken und Nebenwirkungen

Zwar handelt es sich bei der Kastration des Rüden um einen Routineeingriff, der nahezu in jeder Tierarztpraxis durchgeführt wird, aber es können auch dabei unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Bei der chirurgischen Kastration sind dabei zunächst das Narkoserisiko und die Wundheilungsstörungen zu nennen. Allerdings ist eine Kastration ein sehr kurzer Eingriff mit einer nur kleinen wunde, sodass beide Risiken als gering eingestuft werden können. Die alleinige Entfernung der Keimdrüsen kann über einen kleinen Schnitt vor dem Hodensack erfolgen, über den beide Hoden entfernt werden. Es kann aber auch eine gleichzeitige Entfernung des Hodensacks erfolgen. Gerade bei älteren Rüden mit tumorös entarteten Hoden kann dies sinnvoll sein, da es zu Verklebungen mit dem Hodensack kommen kann, oder zusätzlich Veränderungen am Hodensack vorliegen können. Nach einer Kastration neigen manche Rüden dazu ihre Futteraufnahme zu steigern. Dies kann in selten Fällen zu Fettleibigkeit (medizinisch: Adipositas) führen, woraus ernsthafte gesundheitliche Probleme entstehen können. Deshalb ist jedem Besitzer zu raten die Futtermenge seines Rüden nach der Kastration dem Bedarf des Tieres anzupassen. Sehr selten können Rüden in Folge einer Kastration auch harninkontinent werden, was medikamentell aber meist sehr gut behandelt werden kann. Bei einer sehr frühen Kastration kann es zur Beeinträchtigung des Bewegungsapparates kommen, da die Röhrenknochen vermehrt wachsen. In Studien wurden diese Rüden jedoch meist schon vor dem 6. Lebensmonat kastriert